Impuls vom 02.07.2013

Gott trifft man bei den Armen

Papstpredigt: Gott trifft man bei den Armen

Um dem lebendigen Gott zu begegnen, ist es notwendig, zärtlich die Wunden Jesu in unseren hungernden, armen, kranken und eingekerkerten Brüdern und Schwestern zu küssen. Dies betonte Papst Franziskus in seiner Predigt an diesem Mittwochmorgen in der Kapelle von Santa Marta. Am Gottesdienst zum liturgischen Festtag des heiligen Apostels Thomas waren Mitarbeitern des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog dabei. Konzelebrant war u.a. der Präsident des Dikasteriums, Kardinal Jean-Louis Tauran.

Jesus erscheint nach seiner Auferstehung den Aposteln, doch der Apostel Thomas ist nicht bei ihnen: "Der Herr hat ihn eine Woche warten lassen. Der Herr weiß, warum er gewisse Dinge tut", so der Papst: "Und einem jeden von uns lässt er die Zeit, von der er meint, das sie am besten ist. Thomas hat er eine Woche gewährt". Jesus offenbare sich durch seine Wunden: "Sein ganzer Leib war rein, wunderschön, voller Licht, doch die Wunden waren da und sind es noch immer". Wenn der Herr am Ende der Zeiten kommen werde, "wird er uns seine Wunden sehen lassen". Um zu glauben, habe Thomas seine Finger in jene Wunden legen wollen.

"Er war ein Dickkopf: Doch der Herr wollte gerade einen Dickkopf, um uns etwas Größeres begreifen zu lassen. Thomas hat den Herrn gesehen, er wurde aufgefordert, seinen Finger in die Nagelwunden zu legen- die Hand in die Seite, und er hat nicht gesagt: ‚Es ist wahr: der Herr ist auferstanden’. Nein! Er ist noch weiter gegangen. Er hat gesagt: ‚Mein Herr und mein Gott’. Der erste der Jünger, der nach der Auferstehung dieses Bekenntnis der Gottheit Christi ablegt. Und er hat ihn angebetet".

So könne die Absicht des Herrn verstanden werden, warum er ihn warten lassen habe. Er habe auch seinen Unglauben nehmen wollen, nicht um ihn zur Bekräftigung der Auferstehung zu bringen, sondern zur Bekräftigung seiner Gottheit. Der "Weg zur Begegnung mit Jesus-Gott sind seine Wunden", unterstrich der Papst: "Es gib keinen anderen".

"In der Geschichte der Kirche hat es einige Fehler auf dem Weg zu Gott gegeben. Einige haben geglaubt, dass wir den lebendigen Gott, den Gott der Christen, auf dem Weg der Betrachtung finden und durch die Betrachtung höher kommen können. Das ist gefährlich, nicht wahr? Wie viele verlieren sich auf diesem Weg und gelangen nicht an ihr Ziel. Ja, sie gelangen – vielleicht – zur Erkenntnis Gottes, doch nicht zur Erkenntnis Jesu, des Christus, des Sohnes Gottes, der zweiten Person der Dreifaltigkeit. Dazu gelangen sie nicht. Das ist der Weg der Gnostiker, nicht? Sie sind gut, sie arbeiten, doch das ist nicht der rechte Weg. Er ist sehr kompliziert und führt dich nicht zu einem guten Hafen."

Andere dagegen "haben gedacht, dass wir, um zu Gott zu gelangen, abgetötet und streng sein müssen, und sie haben den Weg der Buße gewählt: nur die Buße, das Fasten. Und auch diese sind nicht zum lebendigen Gott vorgedrungen, zu Jesus Christus, dem lebendigen Gott. Das sind die Pelagianer, die glauben, dass sie aus eigenen Kräften zu Gott kommen können". Jesus aber sage uns, dass der Weg, um ihm zu begegnen, darin besteht, seine Wunden zu finden.

"Und die Wunden Jesu findest du, wenn du Werke der Barmherzigkeit tust und dem Leib – dem Leib – und auch der Seele, aber dem Leib – das unterstreiche ich – deines verwundeten Bruders etwas gibst, weil er hungert, weil es ihn dürstet, weil er nackt ist, weil er erniedrigt wird, weil er ein Sklave ist, weil er im Gefängnis ist, weil er im Krankenhaus ist. Das sind die Wunden Jesu heute. Und Jesus fordert uns auf, einen Akt des Glaubens an ihn zu tun, doch durch diese Wunden. ‚Ah, sehr gut! Gründen wir eine Stiftung, um all diesen zu helfen, und tun wir viele gute Dinge, um ihnen zu helfen’. Das ist wichtig. Wenn wir aber auf dieser Ebene bleiben, werden wir nur Philanthropen sein. Wir müssen die Wunden Jesu anfassen, wir müssen die Wunden Jesu streicheln, wir müssen die Wunden Jesu küssen, und das im wörtlichen Sinn. Denken wir daran, was dem heiligen Franziskus geschehen ist, als er den Aussätzigen umarmt hat. Dasselbe wie dem Thomas: sein Leben hat sich verändert."

Um den lebendigen Gott zu berühren, so der Papst abschließend, "reicht es nicht, einen ‚Fortbildungskurs’ zu machen". Vielmehr müsse man in die Wunden Jesu eintreten. Hierzu sei es ausreichend, auf die Straße hinauszugehen: "Bitten wir den heiligen Thomas um die Gnade des Muts, in die Wunden Jesu mit unserer Zärtlichkeit einzutreten, und gewiss wird uns die Gnade zuteil werden, den lebendigen Gott anzubeten".

(rv 03.07.2013 mg)


Dieser Text stammt von der Webseite http://de.radiovaticana.va/news/2013/07/03/papstpredigt:_gott_trifft_man_bei_den_armen/ted-707124
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