Impuls vom 20.10.2017

Du führst mich hinaus ins Weite!

"Du führst mich hinaus ins Weite!" Mit diesem Wort, das auf den Psalm 18 im Alten Testament zurückzuführen ist, können wir am heutigen Weltmissionssonntag mit dem Psalmisten und den Katholiken überall auf der Welt in den Dank einstimmen, dass Gott uns das Heil schenkt. Mit Gott unserem Vater und im Vertrauen auf ihn dürfen wir unseren persönlichen Glaubens- und Lebensweg und die Gestaltung des gemeinschaftlichen Lebens in Angriff nehmen. Weltweit sind wir heute im Gebet miteinander verbunden. Eine faszinierende Wirklichkeit, in die wir uns einbringen können und von der wir uns bereichern lassen dürfen.
Von Deutschland aus schauen wir dabei in diesem Jahr besonders auf das Land Burkina Faso und die Menschen, die dort leben. Mit ihnen zusammen dürfen wir uns Gottes Heilshandeln und sein befreiendes und rettendes Wirken für uns vergegenwärtigen. Für die Menschen dort geschieht das in ihrem Alltag vor allem, wenn sie von Priestern, Ordensleuten und Katechistinnen und Katechisten ins Glaubensleben eingeführt und darin bestärkt werden und in konkreter Begleitung die lebensspendende Kraft des Evangeliums erfahren können.
In der Diözese Fada N’Gourma im Südosten des Landes wird in dem Goldgräberlager mit Abbé Jakob Lompo spürbar, dass Gott auch unter erbärmlichen Bedingungen gegenwärtig ist. Trotz Hitze, Staub, schwierigen Lebensbedingungen wird mitten im Alltag Gottes Gegenwart gefeiert. Freudiger Gesang ertönt zum Lobe Gottes und zum Dank, dass er den Menschen Leben schenkt.
Gespeist aus dieser Hoffnung gestalten die Menschen das Leben und stützen sich auch gegenseitig. Wenn Sr. Antonia Faye, die Schulleiterin im Collège Saint Joseph in derselben Gegend, Mädchen aufnehmen kann und ihnen durch gemeinsames Lernen zu einer Entwicklung verhilft, wo sie jenseits von billiger Ausbeutung ihr Leben in die Hand nehmen können, dann erfahren sie, dass Gott ihnen das Feld eröffnet, das er für sie bereithält.
Oder wenn Sr. Yvonne Clémence Bambara von den Guten Hirtinnen in Bobo-Dioulasso Hilfe für Frauen und Mädchen in Not anbietet, um sie vor Missbrauch, Zwangsverheiratung und Menschenhandel zu schützen, dann versucht sie mitzuhelfen, dass der Heilsplan Gottes im konkreten Alltag Einzug halten kann. Frauen und Mädchen dürfen sich so bewusst werden, dass ihnen eine Würde zukommt. Sie sind keine Handelsware, sondern sie wurden als Abbild Gottes geschaffen.
Wenn sich das Katechistenehepaar Alphonse und Josephine Ouédraogo in ihrem Dorf nahe der Stadt Koudougou während der Woche mit den dort lebenden Familien zum Gebet trifft und so Glaubensleben und Alltag miteinander verbunden werden, dann erfahren die Menschen diese begleitende Nähe Gottes. So werden sie durch ihn, unseren Herrn, in die Zukunft geführt. In diesem gemeinsamen Gestalten der Zukunft, das durch eine Vertiefung des eigenen Glaubens geschieht, kann auch ein friedensfördernder Dialog in einem mehrheitlich muslimischen Land geführt werden. Dies gilt sowohl im praktischen Alltag wie auch im Austausch über unterschiedliche Glaubensinhalte.
Dieser Blick, der uns durch das diesjährige Partnerland des Weltmissionssonntags nach Burkina Faso in Afrika geführt hat, eröffnet auch für uns hier die Chance und die Möglichkeit, dieses Heilshandeln Gottes an uns geschehen zu lassen. Durch das Hören auf sein Wort und die Feier der Eucharistie wird er in unserer Mitte gegenwärtig. Die rettende, erhaltende und vorsehende Kraft Gottes, wie sie im Alten Testament für das Volk Israel, aber auch für das Leben des einzelnen Menschen immer wieder erfahrbar wurde, bekommt in der Gegenwart Jesu Christi eine ganz neue Dimension. In ihm wird die unaufhörliche Fürsorge Gottes Person. Er eröffnet uns Wege, die wir aus der engen und tiefen Beziehung zu ihm gestalten können und dürfen. Dabei sollen wir uns von ihm, von seinem Lebensbeispiel und dem Auftrag, den er seinen Jüngern mit auf den Weg gegeben hat, leiten lassen. Er eröffnet uns den Horizont, der uns von der Oberflächlichkeit in die Tiefe führt und damit nicht nur eine territoriale Weite erschließt. In unserem Lebensumfeld dürfen wir das erfahren und mit anderen teilen. Die Jünger, sie werden gesandt. Sie sollen nicht auf sich selbst bezogen in geschlossenen Räumen zurückbleiben und über das Erlebte nachsinnen. Sondern sie sollen ihn, unseren Herrn Jesus Christus, und sein Heil auch für andere durch ihr Zeugnis erlebbar machen. Das ist unser missionarischer Auftrag bis zum heutigen Tag: nämlich dazu beizutragen, dass durch unser Zeugnis Menschen in unserem unmittelbaren Lebensumfeld, aber auch weit darüber hinaus auf anderen Kontinenten die frohmachende und die trostspendende Kraft erfahren können. Diese sollen sie für sich entdecken, mit anderen teilen und daraus die Gesellschaft gestalten. So kann sein Heil unter uns erfahrbar werden.
Dazu dürfen wir uns in der Feier der Sakramente und im Gebet von ihm her immer wieder stärken lassen. Dies hilft uns als Gemeinschaft der Glaubenden, in Solidarität miteinander das Leben in dieser Welt zu gestalten. So können wir eintreten in die Weite und Tiefe, die der Herr Jesus Christus erschließt, wenn er uns zuruft:
"Selig, die arm sind vor Gott- denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden- denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden- denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit- denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen- denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben- denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften- denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein."
Das gilt mit Blick auf ihn über alle Grenzen hinweg und führt uns in die Weite der Erlösung, die er uns durch seinen Tod und seine Auferstehung geschenkt hat. Weltweit feiern wir dies. Verbunden mit ihm und untereinander stimmen wir jetzt in der Feier der Eucharistie den Dank und den Lobpreis für dieses Opfer an.


(Monsignore Wolfgang Huber, Präsident missio München)