Impuls vom 28.03.2018

Das ist heute

Das Christentum wurzelt in einem historischen Drama. Wer am Palmsonntag an einer Prozession teilnimmt, wer am Gründonnerstag das Abendmahl feiert und an den Kartagen das Kreuz verehrt, der sucht dieses Drama zu verstehen, ja letztlich ein Teil des Geschehens zu werden. Es ist eine Pilgerliturgie, die wir in der Heiligen Woche vollziehen. Wir schreiten die Ereignisse ab, sind in Jerusalem, im Abendmahlssaal und auf dem furchtbaren Hügel Golgota. Wir sind geistliche Pilger, in unserem Gepäck die Worte der Schrift, die Last der Tradition, ein großer oder kleiner Glaube.

Eine solche Pilgerliturgie ist kein "Passionsspiel". Sie vergegenwärtigt das Gott-und-Mensch-Drama und ruft eine Vergangenheit auf, die nicht vergeht. "Das ist heute", spricht der Priester beim Hochgebet am Gründonnerstag. Er darf das sagen, weil das Drama, die Zuspitzung der Geschichte Gottes mit dem Menschen, weitergeht.

Die rasende Historie der Welt, so sagt der Glaube, ist nicht offen, vielmehr gerichtet. Aber das leichtsinnige Hosanna wie die hasserfüllten Schreie finden kein Ende. Die Feier des Heils wie der Verrat sind weiterhin Teile unserer Geschichte, ebenso wie die Folter und der Tod. Ebenso wie Glaube, Liebe und Hoffnung. All das ist heute.

Wer an der Pilgerliturgie der Heiligen Woche teilnimmt, setzt einen denkbar starken Akzent des gläubigen Vertrauens und Verharrens. Bereits im Eröffnungsvers vom Gründonnerstag betet die Kirche: "Wir rühmen uns des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus. In ihm ist uns Heil geworden und Auferstehung und Leben. Durch ihn sind wir erlöst und befreit." Hier ist alles gesagt. Hierhin gilt es zu pilgern.


(aus: Christian Heidrich, Hinter dem Blau. Begegnungen durch 40 und 50 Tage. Deutsches Liturgisches Institut)