Impuls vom 26.12.2010

Das Lied vom verlorenen Jesuskind

Jean Anouilh, Das Lied vom verlorenen Jesuskind

"Jesuskind, wo bist? Du bist nicht mehr zu sehn.
Leer ist deine Krippe, wo Ochs und Esel stehn ...
Ich seh Maria, die Mutter, und Joseph Hand in Hand,
ich seh die schönen Fürsten vom fernen Morgenland.
Doch dich kann ich nicht finden:
Wo bist du, Jesuskind?"
"Ich bin im Herzen der Armen, die ganz vergessen sind."

"Maria, voller Sorgen, die sucht dich überall,
draußen bei den Wirten, in jeder Eck im Stall.
Im Hof ruft Vater Joseph und schaut ins Regenfass.
Sogar der Mohrenkönig, er wird vor Schrecken blass.
Alles sucht und ruft dich:
Wo bist du, Jesuskind?"
"Ich bin im Herzen der Kranken, die arm und einsam sind!"

"Die Könige sind gegangen, sie sind schon klein und fern-
die Hirten auf dem Felde, sie sehn nicht mehr den Stern.
Die Nacht wird kalt und finster – erloschen ist das Licht.
Die armen Menschen seufzen: Nein, nein, das war Er nicht!
Doch rufen sie noch immer:
Wo bist du, Jesuskind?"
"Im bin im Herzen der Heiden, die ohne Hoffnung sind!"